WORT & TON zum Jahresende 2024

Liebe Freunde von WORT & TON,

leider können wir in diesem letzten Newsletter des Jahres 2024 keine weltpolitischen Ereignisse für euch kommentieren. Jedenfalls keine aus der realen Welt. Die haben wir nämlich – ob ihr’s glaubt oder nicht – am Morgen des 06. November verlassen. Beim Hundespaziergang war es, wir versuchten gerade, den Ball unseres Gefährten aus einem Rattenloch zu retten, als wir plötzlich in einen heimtückisch vor uns aufklappenden interdimensionalen Spalt gesogen wurden. Seither leben wir in einer grausigen Parallelwelt, in der alles, was uns gestern noch Sorgen bereitete, pillepalle erscheint.

In dieser Parallelwelt nämlich ist gerade ein Typ, der vor vier Jahren noch dazu aufrief, den US-Kongress gewaltsam zu stürmen und somit einen Haufen Tote auf dem Gewissen hat, von der Mehrheit der Amerikaner zu ihrem Präsidenten gewählt worden, obwohl (bzw. weil) er zuvor durchblicken ließ, dass er damit liebäugelt, die Demokratie abzuschaffen. Nun ist er dabei, ein wahres Horrorkabinett aus selbsternannten Kreuzrittern, bekennenden Kinderschändern, Verschwörungsgläubigen aller Art, Impfgegnern, Frauenhassern und soziopathischen Multimilliardären zusammenzustellen, um mit ihnen gemeinsam Millionen Menschen deportieren zu lassen. Auch sollen Sexualkunde, unliebsame Literatur aller Art und wesentliche wissenschaftliche Grundlagenkenntnisse wie etwa die Evolutionslehre aus dem Schulunterricht verbannt, die Pressefreiheit gestutzt und die CO2-Emissionen des Landes massiv in die Höhe getrieben werden, um diesem linksgrünversifften Drecksklima mal so richtig zu zeigen, wo der Hammer hängt.

Aber nicht nur jenseits, auch diesseits des Atlantiks trägt die Parallelwelt, in die wir geraten sind, groteske Züge: Da ließ nämlich noch am selben Tag der FDP-Finanzminister die Regierungskoalition platzen, weil er offenbar ernsthaft glaubt, dass seine bei drei Prozent Zustimmung untot dahindümpelnde Partei irgendeinen Vorteil von Neuwahlen hätte. Und weil derlei kontrafaktisches Agieren in dieser seltsamen Welt offenbar als besonders cool und abgezockt gilt, setzt die SPD noch einen drauf, indem sie den unbeliebtesten Kanzler aller Zeiten erneut zu ihrem Kandidaten erklärt.

So richtig edgy aber präsentieren sich die Grünen, die ihren, vom rechten Mob schon lange zu Freiwild erklärten, aber anscheinend trotzdem erstaunlich furchtlosen Kandidaten den Leuten an die heimischen Küchentische schickt, ohne vorher wenigstens den Messerblock und das Besteckregal zu leeren. Und so läuft denn wohl alles darauf hinaus, dass dieses Land demnächst von einem Sauerländer regiert wird, dessen politisches Weltverständnis auf einen Bierdeckel passt. Die Linke lässt es derweil lieber zu, dass alle vernünftigen Leute die Partei verlassen, als ihren traditionell guten Stand bei Antisemiten und Putin-Fans zu gefährden, obwohl es für diese Leute doch längst ein neues Bündnis gibt. Die AfD freut sich schon auf 30 Prozent im Bund, und die CSU sich darauf, in der nächsten Regierung ihre beeindruckende Erfolgsserie bei der Besetzung des Verkehrsministers fortsetzen zu können. Heiliger Scheuer aber auch …

Ja, es ist schrecklich hier, in dieser Parallelwelt. Überall stürzen Brücken ein, Züge fallen aus, riesige Baustellen gammeln unbeachtet vor sich hin. Es gibt zu wenig Wohnungen und Ärzte für alle, dafür gigantische Bürokratieapparate, von denen niemand weiß, was sie eigentlich tun, denn Termine auf Ämtern sind so rar wie Postfilialen oder funktionierendes Internet abseits der Innenstädte. Am schlimmsten aber ist das unablässig dröhnende Lachen dieser grausig-barbarischen Gottheit Schûl-din-Brêmza, der hier alle mit täglichen Blutopfern huldigen. Dagegen kommt auch der beste Hörschutz nicht an.

Zum Glück ist es uns inzwischen gelungen, einen Rückweg in die Realität zu finden. Am Samstag den 23. November um 19:30 Uhr nämlich wird sich der Dimensionspalt erneut öffnen, wir werden hineinspringen und uns im selben Moment auf der Bühne des Bajszel in Berlin-Neukölln materialisieren, um dort mit DER SINGENDE TRESEN unsere traditionelle „Letzte Runde“ für dieses Jahr zu spielen (siehe: Termine). Kommt vorbei, heißt uns willkommen und berichtet uns, was in eurer Welt inzwischen so los war. Wir freuen uns darauf!

Ansonsten haben wir hier auch wieder ein bisschen was zu lesen für euch: Zum Beispiel Markus Liskes Artikel „Pluralistisch in den Untergang“ über den aktuellen Zustand der Linkspartei in der Jungle World. Oder seine unter dem Titel „Lizensierte Enteignung“ erschienenen Anmerkungen zum Schreiben in den Zeiten von KI.

Natürlich könnt ihr euch auch lieber vorlesen lassen – von Manja Präkels nämlich, die noch mehrere Lesungen in diesem Jahr bestreiten wird. Außerdem hörenswert: Ein Gespräch über das Projekt „Überlandschreiberinnen“ im MDR Kultur. Und damit nicht genug, gibt es jetzt – nach Dresden und Stendal – auch in Berlin die Möglichkeit eine Theateradaption von Präkels‘ Roman „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ zu erleben – los geht’s damit am 05./06. Dezember. Wir sind gespannt!

TERMINE

Fr. 22.11. – 18:00

Manja Präkels: „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“

Lesung und Gespräch auf dem „Roten Sofa“

Abgeordnetenbüro Dr. Manuela Schmidt (MdA)
Helene-Weigel-Platz 7

Berlin-Marzahn

Sa. 23.11. – 19:30

DER SINGENDE TRESEN: Letzte Runde 2024

Bajszel

Emser Str. 8-9

Berlin-Neukölln

Do. 28.11. – 14:30

Manja Präkels beim „Ratschlag der Vielen“ – Arbeitsgruppe „Kunst des Handelns“

Grips Theater

Altonaer Str. 22

Berlin-Mitte

Sa. 30.11. – 18 Uhr
Manja Präkels: „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“
SoliNaR Rixdorf

Hertzbergstr. 1

Berlin-Neukölln

Mo. 02.12. – 18 Uhr

Manja Präkels: „Anker in die Zukunft werfen. Schreiben und Forschen in umkämpften Zonen der Demokratie in Ostdeutschland“

Universität Hamburg

Von-Melle-Park 9, Raum S30

Hamburg

Damit ist’s dann aber auch gut für 2024. Habt schöne Feiertage und kommt gut hinüber ins nächste Jahr! Wenn wir nicht wieder eine Parallelwelt fallen, so erwarten wir euch dort, wenngleich noch nicht im Januar, denn da ist erst mal Produktionsphase angesagt …

Eure endjahreserschöpften Kulturarbeiter in der

Gedankenmanufaktur WORT & TON