WORT & TON im Juni/Juli

Liebe Freunde von WORT & TON,

wie ihr gemerkt habt, haben wir mit unseren Newsletter die letzten zwei Monate pausiert. Der Grund dafür war nicht etwa der, dass wir nichts zu erzählen gehabt hätten. Wir waren einfach nur heilfroh, als der Frühling endlich damit anfing, sich wie ein solcher zu verhalten, und dachten uns spontan: Hey, wir haben da doch dank Manja Präkels‘ Stadtschreiberinnentätigkeit dieses bezaubernde Domizil im Rheinsberger Schlosspark, mit dem See direkt vor der Tür. Machen wir es also wie das Liebespaar bei Tucholsky, vertreiben uns die Zeit mit gepflegtem literarischen Lustwandeln und lassen die tägliche Nachrichtenlage mal ein paar Wochen lang entspannt von uns abtropfen!

Und wirklich, schon die Debatten um die “Bundesnotbremse” mit ihren “Ausgangsbeschränkungen” ließen sich in einem Ort, wo abends ohnehin niemand auf der Straße ist, in vortrefflicher Emotionslosigkeit aussitzen. Auch dieses Geraune und Gerätsel, ob denn nun Laschet oder Söder die CDU/CSU in den Wahlkampf führen sollte, Baerbock oder Habeck die Grünen – uns blieb das alles wunderbar egal beim morgendlichen Anblick von Rot- und Schwarzwild am Seeufer. Als Sahra Wagenknecht alle, die nicht in volksdeutscher Vater-Mutter-Kind-Konstellation aus ihren tarifgebundenen Industriejobs dieselgetrieben der Rente im Reihenhaus zustreben, zu “skurrilen Minderheiten” erklärte, dachten wir uns: “Wahnsinn, wie hübsch zerrissen das Abendrot gerade auf den Wellen schillert!” Und als mal wieder aus der moralinübersäuerten Blase linker Identitätspolitik heraus irgendwelche Shitstorms gegen dumme Witzemacher, die dumme Witze machen, weil sie halt dumme Witzemacher sind, durchs Netz geblasen wurden, riefen wir: “Schau doch nur, die Gänseküken da, im Schlossgraben! Wie niedlich!”

Okay, ein klein wenig geärgert hat es uns, als Prinz Philip im April meinte, das Ende der 7. Staffel von “The Crown” spoilern zu müssen. Und die Chuzpe, mit der sich die frischgebackene Ex-Doktorin Franziska Giffey als Lichtgestalt der Berliner Landespolitik inszeniert, löst natürlich selbst im schönsten Ambiente mittelschwere Würgreflexe aus. Ebenso die neuesten Umfragewerte der FDP, die einen ja doch etwas ratlos zurücklassen: Wer wählt diese Leute? Und warum? Nicht einmal Wirtschaftsverbände können ernsthaft ein Interesse daran haben, politisch von Figuren wie Kubicki und Lindner vertreten zu werden – von Leuten also, von denen im Privatleben doch absolut niemand einen Gebrauchtwagen kaufen würde, egal wie billig. Das ist ja, als würde … die CDU mit Friedrich Merz als Wirtschaftsexperten ins Rennen gehen! Ach, das tut sie? “Guck mal, dieser prächtige Karpfen da im Hafenbecken! Ach nee, ist nur ein Saugstutzen …”

Ja, hier in Rheinsberg haben wir gelernt, wie unwichtig Nachrichten sein können. Und als dann noch die Restaurantterrassen wieder öffneten, die Inzidenz im Landkreis auf null sank und die Temperaturen sich jenseits der 30 Grad einpendelten … ach!

Wie passend, dass in dieses Idyll hinein dann auch noch die Fußball-EM startete. Nichts ist ja so vortrefflich sinnlos und hitzekompatibel wie gemeinsam mit anderen auf Bierbänken zu hocken und ganzkörpertätowierten jungen Männern mit exzentrischen Frisuren per Live-Übertragung dabei zuzusehen wie sie sich um einen Ball streiten. Zumal, wenn die Bierbänke weit genug auseinanderstehen und man sich die seine mit überaus sympathischen doppeltgeimpften Rentnern aus dem Siegerland teilen kann. Leuten, die es genauso bescheuert finden wie man selbst, dass da nun wieder Sportstadien mit Menschen zugestopft und selbst so banale, den Alltag kaum belastende Maßnahmen wie die Maskenpflicht in Bussen, Bahnen, Einkaufsläden zur Disposition stehen. Obwohl doch jedem Idioten klar sein sollte, dass die in England, Portugal oder Ungarn bereits grassierende Delta-Mutante mit Sicherheit auch um dieses Land keinen Bogen mach… “Sieh doch nur den Fischreiher da! Und … 1:0! Yippie!”

Aber nicht, dass ihr denkt, wir seien nun dabei, aus der Sommerfrische direkt in eine sehr frühe Frührente hinüber zu diffundieren. Tatsächlich haben wir hier auch viel gearbeitet und zahlreiche neue Texte sind entstanden, die wir größtenteils in diesem Newsletter leider nicht oder noch nicht verlinken können, weil die entsprechenden Publikationen entweder noch nicht erschienen sind oder online nicht verfügbar sind. Was wir verlinken können, das sind zum Beispiel Markus Liskes philosophische Betrachtungen über Gen-Lego mit Affe und Mensch, unter dem Titel “Makaken in die Produktion!” erschienen in der Jungle World. Oder Manja PräkelsPrognose zur nachpandemischen Gesellschaft in der MAZ. Für Freunde der Printmedien gibt es von ihr zudem den Text “Die Welt zerfällt am Wegesrand” in der 100 Jahre Antifa-Ausgabe von “der rechte rand” zu lesen. Und noch diese Woche erscheint der “Rheinsberger Bogen” mit ausgesuchten Erinnerungen an ihre Zeit als Stadtschreiberin.

Vorgelesen haben wir auch wieder – und zwar für die Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz zum Jahrestag der Bücherverbrennung. Markus Liske ist mit einem Text von Heinrich Mann zu sehen, Manja Präkels mit einem Text von Rosa Luxemburg – beide hier. Außerdem hat DER SINGENDE TRESEN die Eröffnung der Ausstellung “Bruchstücke ’45” im Haus der Brandeburgisch-Preußischen Geschichte mit ein Mühsam-Vertonungen begleitet – ein Auszug ist hier zu sehen. Tja, und last but not least haben wir endlich auch wieder ein paar pandemiekonforme Live-Termine für euch. Hier sind sie:

TERMINE

Di. 22. Juni – 18:30

Manja Präkels liest: “Liebe Lüge Stadt & Land”

Eine kleine Werkschau ihrer Stadtschreiberinnenzeit

Remise der Touristen-Information

Mühlenstr. 15

Rheinsberg, Brandenburg

 

Do. 24. Juni – 18:30

Lesung mit Musik: “Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß”

mit: Manja Präkels, Thorsten Müller, Benjamin Hiesinger

anschl. Diskussion mit Manja Präkels und Ingo Hasselbach zur rechten Szene in Ostdeutschland vor und nach der Wende, moderiert von Gunther Latsch (Der Spiegel)

Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie

Ruschestr. 103

Berlin-Lichtenberg

 

Do. 1. Juli – 20:00

Lesung mit Musik: “Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß”

mit: Manja Präkels, Thorsten Müller, Benjamin Hiesinger

Club Manufaktur

Hammerschlag 8

Schorndorf, Baden-Württemberg

 

So. 25. Juli – 15:00

Manja Präkels liest: “Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß”

Streuobstwiese

Menz am Roofensee, Brandenburg

 

Sa. 31. Juli – 20:00

“Das seid ihr Hunde wert!” – ein Abend für Erich Mühsam

mit: Markus Liske, Manja Präkels & DER SINGENDE TRESEN

Literaturwoche Donau

Ulm, Baden-Württemberg

 

Auch für August sind bereits diverse Termine geplant, u.a. auch wieder das wunderbare Festival “Bayreuth blättert”. Außerdem geht DER SINGENDE TRESEN im August mit neuen Songs in Studio.

Hoffen wir mal, dass die Inzidenz niedrig bleibt und wir alle nicht nur gut durchen Sommer, sondern auch vollgeimpft in den Herbst kommen. Lasst euch nicht unterkriegen, liebe Freunde, bleibt vernünftig und gesund. Und falls es in eurer Nähe einen See oder ein bisschen Wald geben sollte, dann lasst mal hin und wieder den Computer aus und geht nach den Rehen, Fischreihern und Karpfen gucken! Bis hoffentlich bald!

Eure skurrile Minderheit der Leute, die auf Tiere starren, in der

Gedankenmanufaktur WORT & TON